Politische Strafjustiz der DDR

Wir dokumentieren hier Auszüge aus dem Strafgesetzbuch der DDR, die in der Regel der politischen Verfolgung dienten. 
Die Gesetzestexte sind teilweise nur auszugsweise wiedergegeben. Dokumentiert ist die Fassung von 1968 bzw. 1974, die teilweise später noch verschäft wurde. 

mehr dazu: https://de.wikipedia.org/wiki/Strafgesetzbuch_(DDR) 

Normen des DDR-Strafrechts auf, die in der Regel der politischen Verfolgung dienten

  • § 96   – „Hochverrat“
  • § 97   – „Spionage“
  • § 98   – „Ungesetzliche Sammlung von Nachrichten“
  • § 99   – „Landesverräterische Nachrichtenübermittlung“
  • § 100 – „Staatsfeindliche Verbindungen“
  • § 105 – „Staatsfeindlicher Menschenhandel“
  • § 106 – „Staatsfeindliche Hetze“
  • § 107 – „Staatsfeindliche Gruppenbildung“
  • § 132 – „Menschenhandel“
  • § 146 – „Verbreitung von Schund- und Schmutzerzeugnissen“
  • § 212 – „Widerstand gegen staatliche Maßnahmen“
  • § 213 – „Ungesetzlicher Grenzübertritt“
  • § 214 – „Beeinträchtigung staatlicher oder gesellschaftlicher Tätigkeit“
  • § 215 – „Rowdytum“
  • § 217 – „Zusammenrottung“
  • § 218 – „Vereinsbildung zur Verfolgung gesetzwidriger Ziele“
  • § 219 – „Ungesetzliche Verbindungsaufnahme“
  • § 220 – „Öffentliche Herabwürdigung der staatlichen Ordnung“
  • §§ 245, 246 – „Geheimnisverrat“
  • § 256 – „Wehrdienstentziehung/-verweigerung“
  • § 256 – „Wehrdienstentziehung/-verweigerung“

 

Strafgesetzbuch der Deutschen Demokratischen Republik
-StGB- vom 12. Januar 1968

geändert durch
Gesetz vom 19. Dezember 1974 (GBl. I. S. 591),

Besonderer Teil

  1. Kapitel
    Verbrechen gegen die Souveränität der Deutschen Demokratischen Republik, den Frieden, die Menschlichkeit und die Menschenrechte

Die allseitige Stärkung der Deutschen Demokratischen Republik als sozialistischer Staat, in dem die führende Kraft des Volkes, die Arbeiterklasse, im Bündnis mit der Klasse der Genossenschaftsbauern, mit der sozialistischen Intelligenz und den anderen werktätigen Schichten des Volkes die politische Macht ausübt, ist die entscheidende Aufgabe, um den Aufbau des Sozialismus zu vollenden und den Frieden des Volkes zu sichern. Die sozialistische Rechtsordnung der Deutschen Demokratischen Republik enthält die allgemein verbindlichen Verhaltensregeln für das Zusammenleben der Menschen, deren Einhaltung im Interesse der Gesellschaft und jedes Bürgers liegt. Das sozialistische Recht der Deutschen Demokratischen Republik verkörpert den Willen des Volkes, dient dem Schutz der Bürgerrechte und bestätigt die Deutsche Demokratische Republik als den wahren deutschen Rechtsstaat.

2. Kapitel
Verbrechen gegen die Deutsche Demokratische Republik

  • § 96 – „Hochverrat“
  • § 97 – „Spionage“
  • § 98 – „Ungesetzliche Sammlung von Nachrichten“

(1) Wer Nachrichten, die geeignet sind, die gegen die Deutsche Demokratische Republik oder andere friedliebende Völker gerichtete Tätigkeit von Organisationen, Einrichtungen, Gruppen oder Personen zu unterstützen, für sie sammelt oder ihnen übermittelt, wird mit Freiheitsstrafe von zwei bis zu zwölf Jahren bestraft.

(2) Vorbereitung und Versuch sind strafbar.

 

  • § 99 – „Landesverräterische Nachrichtenübermittlung“

(1) Wer als Bürger der Deutschen Demokratischen Republik außerhalb ihrer Grenzen mit imperialistischen Geheimdiensten oder anderen Organisationen, Einrichtungen, Gruppen oder Personen, deren Tätigkeit gegen die Deutsche Demokratische Republik oder andere friedliebende Völker gerichtet ist, in Verbindung tritt und diese in ihrer staatsfeindlichen Tätigkeit unterstützt, wird mit Freiheitsstrafe von zwei bis zu zehn Jahren bestraft.

  • § 100 – „Staatsfeindliche Verbindungen“

(1) Wer zu Organisationen, Einrichtungen, Gruppen oder Personen wegen ihrer gegen die Deutsche Demokratische Republik oder andere friedliebende Völker gerichteten Tätigkeit Verbindung aufnimmt, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

  • § 105 – „Staatsfeindlicher Menschenhandel“

Wer es

1. mit dem Ziel, die Deutsche Demokratische Republik zu schädigen;

2. in Zusammenhang mit Organisationen, Einrichtungen, Gruppen oder Personen, die einen Kampf gegen die Deutsche Demokratische Republik führen, oder, mit Wirtschaftsunternehmen oder deren Vertretern

unternimmt, Bürger der Deutschen Demokratischen Republik in außerhalb ihres Staatsgebietes liegende Gebiete oder Staaten abzuwerben, zu verschleppen, auszuschleusen oder deren Rückkehr zu verhindern, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren bestraft.

  • § 106 – „Staatsfeindliche Hetze“

(1) Wer mit dem Ziel, die sozialistische Staats- oder Gesellschaftsordnung der Deutschen Demokratischen Republik zu schädigen oder gegen sie aufzuwiegeln,

1. Schriften, Gegenstände oder Symbole, die die staatlichen, politischen, ökonomischen oder anderen gesellschaftlichen Verhältnisse der Deutschen Demokratischen Republik diskriminieren, einführt, herstellt, verbreitet oder anbringt;

2. Verbrechen gegen den Staat androht oder dazu auffordert, Widerstand gegen die sozialistische Staats- oder Gesellschaftsordnung der Deutschen Demokratischen Republik zu leisten; …

(2) Wer zur Durchführung des Verbrechens Publikationsorgane oder Einrichtungen benutzt, die einen Kampf gegen die Deutsche Demokratische Republik führen oder das Verbrechen im Auftrage derartiger Einrichtungen oder planmäßig durchführt, wird mit Freiheitsstrafe von zwei bis zu zehn Jahren bestraft.

  • § 107. Staatsfeindliche Gruppenbildung.

(1) Wer einer Gruppe oder Organisation angehört, die sich eine staatsfeindliche Tätigkeit zum Ziele setzt, wird mit Freiheitsstrafe von zwei bis zu acht Jahren bestraft.

(2) Wer eine staatsfeindliche Gruppe oder Organisation bildet oder deren Tätigkeit organisiert, wird mit Freiheitsstrafe von drei bis zu zwölf Jahren bestraft:

  • § 111. Außergewöhnliche Strafmilderung und Absehen von Strafe.

(1) Bei den in diesem Kapitel genannten Verbrechen kann auf eine geringere als die angedrohte Mindeststrafe erkannt, oder es kann von Strafe abgesehen werden, wenn sich der Täter den Sicherheitsorganen stellt und das Verbrechen und seine Kenntnis über die Zusammenhänge des Verbrechens offenbart.

 

  • § 132. Menschenhandel.

(1) Wer einen Menschen mit Gewalt, Drohung öder durch Täuschung entführt oder rechtswidrig zum Aufenthalt in bestimmten Gebieten zwingt oder ihn in außerhalb des Staatsgebietes der Deutschen Demokratischen Republik liegende Gebiete oder Staaten verbringt, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu acht Jahren bestraft.

 

  • § 146. Verbreitung von Schund- und Schmutzerzeugnissen.

(1) Wer Kinder oder Jugendliche dadurch gefährdet, daß er Schund- und Schmutzerzeugnisse herstellt, einfährt oder verbreitet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Verurteilung auf Bewährung oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Wer unter fortwährender Verletzung der ihm obliegenden Aufsichtspflicht den Besitz solcher Erzeugnisse bei Kindern oder Jugendlichen duldet, wird mit Verurteilung auf Bewährung, Geldstrafe oder mit öffentlichem Tadel bestraft oder von einem gesellschaftlichen Organ der Rechtspflege zur Verantwortung gezogen.

(3) Schund- und Schmutzerzeugnisse sind Druck oder ähnliche Erzeugnisse, die geeignet sind, bei Kindern und Jugendlichen Neigungen zu -Rassen- und Völkerhaß, Grausamkeit, Menschenverachtung, Gewalttätigkeit oder Mord oder anderen Straftaten sowie geschlechtliche Verirrungen hervorzurufen.

 

2. Abschnitt
Straftaten gegen die staatliche und öffentliche Ordnung

  • § 212. Widerstand gegen staatliche Maßnahmen. 

(1) Wer einen Angehörigen eines staatlichen Organs durch Gewaltanwendung oder Bedrohung mit Gewalt oder einem anderen erheblichen Nachteil an der pflichtgemäßen Durchführung der ihm übertragenen staatlichen Aufgaben zur Aufrechterhaltung von Ordnung und Sicherheit hindert, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Verurteilung auf Bewährung bestraft.

  • § 213 – „Ungesetzlicher Grenzübertritt“

(1) Wer widerrechtlich in das Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik eindringt oder sich darin widerrechtlich aufhält, die gesetzlichen Bestimmungen oder auferlegte Beschränkungen über Ein- und Ausreise, Reisewege und Fristen oder den Aufenthalt nicht einhält oder wer durch falsche Angaben für sich oder einen anderen eine Genehmigung zum Betreten oder Verlassen der Deutschen Demokratischen Republik erschleicht oder ohne staatliche Genehmigung das Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik verläßt oder in dieses nicht zurückkehrt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Verurteilung auf Bewährung, Geldstrafe oder öffentlichem Tadel bestraft.

  • § 214 – „Beeinträchtigung staatlicher oder gesellschaftlicher Tätigkeit“

(1) Wer gegen Bürger wegen ihrer staatlichen oder gesellschaftlichen Tätigkeit mit Tätlichkeiten vorgeht oder solche androht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Verurteilung auf Bewährung, Geldstrafe oder mit öffentlichem Tadel bestraft.

  • § 215 – Rowdytum

(1) Wer sich an einer Gruppe beteiligt, die aus Mißachtung der öffentlichen Ordnung oder der Regeln des sozialistischen Gemeinschaftslebens Gewalttätigkeiten, Drohungen oder grobe Belästigungen gegenüber Personen oder böswillige Beschädigungen von Sachen oder Einrichtungen begeht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Haftstrafe bestraft.

  • § 217. Zusammenrottung.

(1) Wer sich an einer die öffentliche Ordnung und Sicherheit beeinträchtigenden Ansammlung von Personen beteiligt und sie nicht unverzüglich nach Aufforderung durch die Sicherheitsorgane verläßt, wird mit Haftstrafe oder Geldstrafe bestraft.

(2) Wer eine Zusammenrottung organisiert oder anführt (Rädelsführer), wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu fünf Jahren bestraft.

  • § 218 – „Vereinsbildung zur Verfolgung gesetzwidriger Ziele“

(1) Wer einen Verein oder eine sonstige Vereinigung gründet, unterstützt oder in einer solchen tätig wird, um gesetzwidrige Ziele zu verfolgen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Verurteilung auf Bewährung bestraft.

  • § 219 – „Ungesetzliche Verbindungsaufnahme“

Wer zu Organisationen, Einrichtungen, Gruppen oder Personen, die sich eine gegen die staatliche Ordnung der Deutschen Demokratischen Republik gerichtete Tätigkeit zum Ziele setzen, in Kenntnis dieser Ziele oder Tätigkeit in Verbindung tritt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Verurteilung auf Bewährung bestraft.

  • § 220 – „Öffentliche Herabwürdigung der staatlichen Ordnung“

(1) Wer in der Öffentlichkeit

1. die staatliche Ordnung oder staatliche Organe, Einrichtungen oder gesellschaftliche Organisationen oder deren Tätigkeit oder Maßnahmen;

2. einen Bürger wegen seiner staatlichen oder gesellschaftlichen Tätigkeit, wegen seiner Zugehörigkeit zu einem staatlichen oder gesellschaftlichen Organ oder einer gesellschaftlichen Organisation verächtlich macht oder verleumdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Verurteilung auf Bewährung, Geldstrafe oder mit öffentlichem Tadel bestraft.

  • §§ 245, 246 – „Geheimnisverrat“

(1) Wer entgegen einer ihm durch Gesetz; Arbeitsvertrag oder von einem Staats- oder Wirtschaftsorgan ausdrücklich auferlegten Pflicht geheimzuhaltende Dokumente oder Gegenstände für Unbefugte zugänglich aufbewahrt oder solche Dokumente öder Gegenstände abhanden kommen läßt oder in anderer Weise geheimzuhaltende Tatsachen. offenbart, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Verurteilung auf Bewährung oder mit öffentlichem Tadel bestraft.

Wer fahrlässig entgegen einer ihm durch Gesetz, Arbeitsvertrag oder von einem Staats- oder Wirtschaftsorgan ausdrücklich auferlegten Pflicht, geheimzuhaltende Dokumente oder Gegenstände abhanden kommen läßt oder für Unbefugte zugänglich aufbewahrt oder geheimzuhaltende Tatsachen offenbart und dadurch staatliche oder wirtschaftliche Interessen oder die Sicherheit der Deutschen Demokratischen Republik erheblich gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Verurteilung auf Bewährung, Geldstrafe oder mit öffentlichem Tadel bestraft:

  • § 256 – „Wehrdienstentziehung/-verweigerung“

(1) Wer sich dem Wehrdienst durch Täuschung entzieht oder sich weigert, den Wehrdienst zu leisten, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Verurteilung auf Bewährung oder mit Strafarrest bestraft.