Wahlentscheidung mit demokratischem, freiheitlichem und menschenfreundlichem Geist

Der „Geschichtsverbund Thüringen – Arbeitsgemeinschaft zur Aufarbeitung der SED-Diktatur“ erinnert an den Wahlbetrug vom 7. Mai 1989 in der DDR und nimmt Stellung zur Kommunahlwahl in Thüringen am 26. Mai 2024.

Geschichtsverbund Thüringen – Arbeitsgemeinschaft zur Aufarbeitung der SED-Diktatur 

Gera, den 02.05.2024

Am 7. Mai 1989 fanden in der DDR, Kommunalwahlen statt. Erstmals überwachten unabhängige Bürger  und Bürgerinnen die Stimmenauszählung und konnten nachweisen, dass Wahlergebnisse manipuliert wurden – das war ein Aufbruchssignal für die Bürgerrechtsbewegung in der DDR.

Der sowjetische Staats- und Parteichef Michail Gorbatschow trat seit seinem Amtsantritt 1985 für eine Politik von Transparenz und Umgestaltung in der UdSSR ein und warb auch in den anderen Ostblockstaaten für seinen Kurs von "Glasnost und Perestroika".
So fanden im kommunistischen Nachbarland Polen bereits ab Februar 1989 zwischen Regierung und Opposition Gespräche am "Runden Tisch" statt und am 17. April wurde die oppositionelle Gewerkschaft Solidarność wieder zugelassen. In Ungarn begann die kommunistische Regierung am 2. Mai damit, die Grenzanlagen zu Österreich abzubauen, der "Eiserne Vorhang" löste sich auf. In der DDR dagegen lehnte das Regime Reformen ab, dies weckte zunehmend den Unmut in der Bevölkerung über das SED-Regime.

In diesem politischen Kontext wurden die Kommunalwahlen zu einem Schlüsselmoment für das Erstarken der DDR-Opposition. Landesweit folgten in bis zu 1.000 Wahllokalen Bürgerinnen und Bürger den Aufrufen aus der Opposition, die Stimmauszählung zu beobachten und zu protokollieren, im Berliner Bezirk Weißensee geschah dies sogar flächendeckend in allen Wahllokalen.  

Im Spätsommer und Herbst 1989 formierten sich in der DDR zahlreiche oppositionelle Bürgerrechtsbewegungen und Parteien. Ziel war der Aufbau einer demokratischen, freien und pluralistischen Gesellschaft.

Der „Geschichtsverbund Thüringen – Arbeitsgemeinschaft zur Aufarbeitung der SED-Diktatur“ bedankt sich ausdrücklich bei allen Menschen, die durch ihren Einsatz den Übergang vom totalitären System der DDR in die freiheitlich-demokratische Grundordnung der Bundesrepublik möglich machten.

Am 26. Mai 2024 werden die Kommunalwahlen in Thüringen in einem sich veränderten politischen Klima stattfinden. 
Viele Bürgerinnen und Bürger sind bereit sich ehrenamtlich in den Kommunalparlamenten zu engagieren. Eine pluralistische Parteienlandschaft wird ergänzt durch Bürgerinitiativen und Vereine. Das ist gelebte Demokratie.
ur Wahl stehen aber auch Parteien und Initiativen, die antidemokratische Positionen vertreten. Völkisch-nationale Gesinnungen gewinnen immer mehr an Einfluss. Die humanistischen Grundwerte des menschlichen Zusammenlebens in Frieden und Freiheit  werden in Frage gestellt und damit auch die Errungenschaften der Friedlichen Revolution.

Die Mitglieder des „Geschichtsverbund Thüringen – Arbeitsgemeinschaft zur Aufarbeitung der SED-Diktatur“ betonen:

1.
Die Wertschätzung von Freiheit, Gleichheit und Menschenrechten von allen und für alle Menschen in unserem Land ist Grundlage unserer demokratischen Gesellschaft. Parteien und Vereinigungen, die das negieren, wenden sich gegen die demokratischen Ziele der Friedlichen Revolution. Parteien, die den politischen Kontrahenten als Feind betrachten und diffamieren, die rechtspopulistische und menschenfeindliche Einstellungen zum Programm erheben, stehen in einer antidemokratischen Tradition, die wir 1989 überwunden gehalten haben.

2.
Kommunalpolitisches Engagement ist eine wichtige Säule der Demokratie. In Stadt- und Gemeinderäten werden Entscheidungen getroffen, die unmittelbare Auswirkungen auf den Alltag der Bürgerinnen und Bürger haben. Alle, die sich kommunalpolitisch engagieren, verdienen Achtung und Unterstützung.

3.
Der politische Diskurs muss auch in Krisenzeiten von einem Mindestmaß an Respekt geprägt bleiben, klar und ergebnisorientiert in der Argumentation, aber jederzeit fair und angemessen im Ton.

Mit Blick auf das veränderte politische Klima in Thüringen wendet sich der „Geschichtsverbund Thüringen - Arbeitsgemeinschaft zur Aufarbeitung der SED - Diktatur“ an alle Bürgerinnen und Bürger, ihre Wahlentscheidung am 26. Mai 2024 mit demokratischem, freiheitlichem und menschenfreundlichem Geist zu treffen.

Geschäftsführung Geschichtsverbund
Frank Karbstein
Verein „Gedenkstätte Amthordurchgang Gerahttps://geschichtsverbund-thueringen.de

Die Erforschung und Aufarbeitung der DDR findet in Thüringen an vielen Orten und durch viele Menschen und Institutionen statt. Im Jahre 2009 gründete sich der Geschichtsverbund Thüringen, um diese Akteur*innen in ihrer Zusammenarbeit zu bestärken und besser zu vernetzen. Im Geschichtsverbund Thürigen sind 19  und damit alle relevanten Einrichtungen, Initiativen und Vereine Mitglied.
► https://geschichtsverbund-thueringen.de/ueber-uns/

► Mehr zum Wahlbetrug bei den Kommunalwahlen am 7. Mai 1989