Offener Brief:

Memorial braucht dringend Hilfe und Unterstützung aus Europa

Im Wissen um die Vielfältigen Entscheidungen, die gerade jetzt auf der politischen Agenda stehen, bitte ich die höchsten Repräsentanten der Bundesrepublik Deutschland, den Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier, die Präsidentin des Deutschen Bundestages  Bärbel Bas, den Präsidenten des Bundesrates Bodo Ramelow und die Bundeskanzlerin Angela Merkel, sich für die weitere Zusam­menarbeit mit Memorial in Russland einzusetzen und ersuche Sie, mit allen gebotenen diplomati­schen Mitteln, das Verbot einer der wichtigsten Menschenrechtsorganisationen dieser Welt zu verhindern!

Matthias Büchner
Lange Brücke 31/32, 99084 Erfurt
Tel: 0361 / 6447791                                                 Erfurt den 18. November 2021

Offener Brief an die Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland

Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel!

Dies ist ein dringender Hilferuf!

Die international hoch angesehene Menschenrechtsorganisation Memorial bekam eine Vorladung des obersten Gerichtes Russlands zum 25. November 2021 und soll offensichtlich verboten werden. Gleich­zeitig soll in Moskau über die Auflösung des Menschenrechtszentrums Memorial entschieden werden.

Jetzt benötigt Memorial dringend Hilfe und Unterstützung aus Europa, insbesondere Deutschland!

Der Beitrag, den diese 1989 von Friedensnobelpreisträge Andrej Sacharow initiierte Organisation für Aussöhnung und Freundschaft unserer Völker bisher leistete, hat globale Maßstäbe gesetzt.

Nur mit Unterstützung von Memorial konnte beispielsweise 1993 die Internationale Föderation Politisch Verfolgter (IFPV) in Moskau konstituiert werden.

Als Gründungsmitglied der IFPV wurde ich noch im gleichen Jahr zum Sprecher der deutschen Sektion von den damals relevanten Bürgerrechtsgruppen und Opferverbänden der Bundesrepublik in Berlin gewählt.

Lediglich durch die Aufarbeitung der Freunde und Freundinnen von Memorial in den Geheimarchiven des KGB konnte das Schicksal tausender Menschen aus ganz Europa geklärt werden, die im guten Glauben dem Ruf Moskaus gefolgt waren, um einen Sozialismus mit aufzubauen, allerdings im Zuge der „Stalinistischen Säuberungen“ schlichtweg umgebracht wurden. Die mir selbst übergebenen Namenslisten der deutschen Opfer konnten vom DRK, auch mit tatkräftiger Unterstützung der Tages­zeitung Thüringer Allgemeine, veröffentlicht werden.

Aber noch wichtiger war wohl der unermüdliche Einsatz von Memorial für Rechte der Geschädigten und Todesopfer der kommunistischen Diktatur, der mit der „Gesetzgebung der Russischen Födera­tion über die Rehabilitierung von Opfern politischer Repression“ im September 1993 Anerkennung fand.

Von nun an konnten endlich auch die Vergewaltigten und geschundenen Frauen, welche die Hölle des Gulag überlebt hatten, vom russischen Staat wenigstens moralisch rehabilitiert werden.

Die Menschen in Deutschland haben dieser Menschenrechtsorganisation in Russland viel zu verdanken.

Der klugen Außenpolitik der Bundesrepublik Deutschland will ich gerne vertrauen.

Hochachtungsvoll
Matthias Büchner

Dieser Brief wird unterstützt von
Barbara Sengewald, Vorsitzende der Gesellschaft für Zeitgeschichte
Dorothea Höck, Mitglied Memorial Deutschland 
Klaus von Keussler, ehemaliger Vorsitzender Freiheit e.V.